Alle Lebenswelten mit einbeziehen

Veröffentlicht am 09.03.2011 in Gesellschaft

NW vom 09.03.2011
von Karsten Schulz

Initiative „Wir sind Espelkamp“ will sich ins „Bündnis für Espelkamp“ einbringen / SPD stellt Antrag

Olaf Parachnowitsch und Detlef Penning waren freudig überrascht, dass sich kürzlich so viele Interessierte im Saal des DRK-Heims eingefunden hatten. Sehr professionell und gut ausgearbeitet präsentierte sie auf einer großen Darstellungsfläche die Ideen und vielleicht auch Träume der gerade gegründeten Initiative „Wir sind Espelkamp“. Allerdings fand sich niemand, der die inzwischen auf 128 Unterzeichner angewachsene Unterschriftenliste entgegen genommen hätte.

Weder aus der Verwaltung noch aus der Politik waren Vertreter erschienen. Parachnowitsch stellte jedoch klar, dass er bereits mit Aufbau-Geschäftsführer Hans-Jörg Schmidt einen Termin hatte, auf der er seine Pläne vorstellen konnte.

Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, auf dem Gelände des ehemaligen Garagenhofes direkt gegenüber dem Hotel Mittwald unter Einbeziehung des Ostlandschulen-Geländes – falls die Schule geschlossen werden sollte – einen Bürgerpark zu schaffen.

Als betonierte völlig ungestaltete Freifläche stehen bereits jetzt 2.600 Quadratmeter zur Verfügung, stellte Parachnowitsch auf einer Karte vor. Sollte später einmal das Gelände der Ostlandschule dazu kommen, wären noch einmal 18.400 Quadratmeter verfügbar, so die Vorstellungen der Initiative. Darin einbezogen wäre auch das Tartan-Sportfeld sowie Schulhof und -park. Parachnowitsch: „Es kann eine Fläche entstehen, die alle Lebenswelten der hier Ansässigen einbezieht“.

Der engagierte Bürger ging auf die Wohnverhältnisse und Nutzungsformen sowie die Entwicklung des Viertels ein und wie es sich in den vergangenen 20 Jahren verändert hat. Am Baltenweg, Ludwig-Richter-Weg und Posener Weg gebe es einen öffentlichen Investitionsstau, öffentliche Grünflächen würden als Müllplatz missbraucht. Er stellte fest, dass sich das Wohnumfeld hier nachteilig verändere. Es diene inzwischen als „Puffer“ zwischen den sozialen Brennpunkten „Preußeneck“ sowie der Gabelhorst und der Innenstadt. Dadurch gebe es entsprechenden Durchgangsverkehr von Fußgängern und Radfahrern. Die Initiatoren befürchten ein „Kippen“ der Bevölkerungsstruktur sowie eine Ausweitung rechtsfreier Räume und auch hier eine Entwicklung hin zu einem sozialen Brennpunkt.

In diesem Bereich gebe es kein überzeugendes Grünflächen-Konzept. Es werde abgeholzt, ohne Ersatz zu schaffen, straßenbegleitende Grünflächen würden vernichtet, Dadurch erhöhe sich die Belastung durch Lärm und Abgase. Dies führe langfristig zur Verminderung von Lebensqualität. Dagegen setzt „Wir sind Espelkamp“ die Idee des Bürgerparks und eine attraktive Vernetzung mit dem Umfeld .

Der Bürgerpark könne initiiert werden durch einen „Workshop der Möglichkeiten“ unter möglicher Einbeziehung aller Betroffenen. Der Bürgerpark biete folgende Möglichkeiten: Grünflächen mit Baumbestand, einen Bürgergarten und Ruhebänke, einen Naturlehrpfad, ein Café der Kulturen, eine Hochzeitsallee, eine Kletterwand, eine Boule-Fläche und eine Park-Kultur.

Standortgerechte Gehölze sollen verwendet werden, die Wegführung und -gestaltung soll attraktiv sein. Der Park der Ostlandschule könne als Forum für klassische Konzerte und als Raum für Kunstausstellungen dienen. Das Café der Kulturen könne als Sommer-Ambiente für Hotelgäste mitgenutzt werden.

Dies habe zur Folge, dass Neubürger wieder aktiver ins gesellschaftlicheLeben integriert werden könnten, soziale Bindungen der Menschen im Viertel gestärkt und gefestigt würden, das Zusammenwachsen der Bevölkerungsgruppen gefördert, die Stadtidentifikation gesteigert und das Image im Umland verbessert werden könne.

Dies seien Kernaussagen, die ins Bündnis für Espelkamp passten. Außerdem, so Parachnowitsch könnten direkt neue Kernzielgruppen angesprochen werden, wie Studien- und Berufsanfänger, Höher-Qualifizierte, Familiengründer und junge Familien und Ruheständler.

In der sich anschließenden Diskussion war durchgängig Lob für das Konzept zu vernehmen. André Stargardt (SPD) versprach, die Initiative „Wir sind Espelkamp“ parlamentarisch zu unterstützen. Die Fraktion will einen Antrag zum Thema „Bürgerpark“ stellen und ihn beim kommenden Ausschuss für Stadtentwicklung diskutieren lassen.
„Dieser Idee kann und darf sich kein Verantwortlicher entziehen“, sagte der Sozialdemokrat. Er halte dies für einen „guten Ansatz und einen Prozess, der nachhaltig wirkt“. Gleichzeitig könnten auf diese Weise weitere Flächen entsiegelt werden.

„Endlich setzt im Zentrum eine Entwicklung ein, die den Bürger mitnimmt und die vom Bürger ausgeht“, lobte der frühere Stadtdirektor Dr. Horst Eller die Initiative. Der zukünftige Bürgerpark könnte ein „Trittstein“ sein im zukünftigen Entwicklungsprozess der Stadt hin zu einer Stadt im Park“. Eller bemängelte, dass das Stadtzentrum immer mehr den Parkcharakter verliere. Sicherlich könne man der Meinung sein, dass aus der Stadt im Grünen eine Stadt im Park werden könne, doch dazu brauche es ein Konzept. Und das fehle ihm. Eller: „Ich komme zurzeit nur noch mit Menschen aus Espelkamp zusammen, die frustriert sind.“

Unterstützung gab’s auch von Elke Schmidt-Sawatzki, Kreistagsmitglied der Grünen-Fraktion. „Bisher fand Gestaltung immer von oben statt, jetzt Kommende Ideen mitten aus einem Viertel. Das ist eine Riesenchance, sich das Viertel zu eigen zu machen“, sagt sie. Die Kommunalpolitikerin ist sich sicher, dass dieser „Prozess hier in die anderen Viertel hineinstrahlen wird“.