Leserbrief zum Bürgerentscheid

Veröffentlicht am 30.04.2013 in Schule und Bildung

Propaganda hat zu Verdruss geführt

Mit dem aktuell laufenden Bürgerentscheid über den Erhalt der Ostland- und Ina-Seidel-Schule und der Entwicklung der Schullandschaft in Espelkamp befasst sich Leser Jörg Hoffmann aus Isenstedt in einem Brief an die Redaktion:

Verfolgt man die Schulpolitik der letzten Jahre so gewinnt man den Eindruck, der Bürgermeister und sein politisches Gefolge haben eine langfristige Strategie. So schnell und so viele wie möglich staatliche Schulen in Trägerschaft der Stadt Espelkamp schließen und der Verantwortung anderer Einrichtungen übertragen.

Der Anfang ist ja bereits gemacht. Die letzte staatliche Hauptschule wird auslaufen. Damit gibt es in Espelkamp im Sekundarbereich zukünftig keine staatliche Schule mehr. Nun sind die Grundschulen an der Reihe. Die Schließung von Ostland- und Ina-Seidel-Schule steht bevor. Nach Auslaufen des Bestandsschutzes wird man sich die drei Schulen im Südverbund (Benkhausen, Frotheim, Isenstedt) vorknöpfen. Da im neuen Grundschulgebäude der Ernst-Wiechert-Schule genügend Kapazitäten vorhanden sind, könnten die Kinder dorthin verfrachtet werden.

Um den Prozess weiter zu beschleunigen noch zwei Tipps an die »Koalition der Vernunft«: Beratung und Unterstützung bei der Errichtung einer Grundschule mit islamischer Ausrichtung, damit auch unsere türkischen Mitbürger ihre Schule bekommen – die Bekenntnisschule steht ja schon in den Startlöchern. Außerdem die Gründung einer Privatschule. Bei diesem Stichwort müssten eigentlich die FDP-Verantwortlichen wie Kai aus der Kiste springen. Mir klingt da noch der sattsam bekannte FDP-Slogan »Privat vor Staat« in den Ohren. Was für die Wirtschaft gilt (?), muss sich doch auch auf den Bildungssektor übertragen lassen. Großsponsoren dürften sie bei ihren Verbindungen in die Wirtschaft doch bereitwillig auftun.

Damit wäre Espelkamp im Schulbereich richtig Multikulti, wenn man von der weitgehenden Abwesenheit staatlicher Schulen absieht. Wer hätte das der konservativen CDU zugetraut? Auch der Ganztagsbetrieb der neuen Sekundarschule stellt für die selbsternannte Familienpartei CDU eine gewisse Wendigkeit dar.

Der Bürgerentscheid selbst scheint doch einige aus der »Koalition der Vernunft« mächtig nervös zu machen. Dass das Schulkonzept der Vernunftbegabten nicht allseits auf Zustimmung stößt und gar in einen Bürgerentscheid gipfelt, kann sicher nur der Unvernunft von Querulanten und Nörglern geschuldet sein. Überhaupt, »Koalition der Vernunft« klingt so kühl und technokratisch. Bei diesem Thema hätte man vielleicht ein emotional ansprechenderes Motto wählen sollen wie »Für die Zukunft unserer Kinder – in Liebe und Verantwortung« oder so. Der politische Einsatz jedenfalls ist immens. Sogar Großplakate an den Straßen springen einem ungefragt ins Auge. Doch die – überwiegend – Herren über die Vernunft können beruhigt sein. Ich prophezeie, der Bürgerentscheid wird scheitern aufgrund der mangelnden Beteiligung.

Die Propagandaoffensive der letzten Wochen hat ihre Wirkung nicht verfehlt und zum Verdruss der Wahlberechtigten geführt.

 

  JÖRG HOFFMANN

  32339 Espelkamp