SPD bringt Gesamtschule ins Spiel

Veröffentlicht am 19.02.2010 in Schule und Bildung

NW vom 19.02.2010 / von KARSTEN SCHULZ

Schulentwicklungsplan soll Option berücksichtigen / Uneinigkeit über die Auswirkungen

Espelkamp.
Immer mal wieder kam das Thema Gesamtschule für Espelkamp in den vergangenen Jahrzehnten auf die Tagesordnung. Um die in privater Trägerschaft der evangelischen Landeskirche befindlichen beiden Schulen Söderblom-Gymnasium und Birger Forell Realschule nicht zu gefährden, war in den vergangenen Jahren an dieser Front Ruhe eingetreten.

Nach Veröffentlichung des Schulentwicklungsplans von Dr. Detlef Garbe durch die Stadt bringt die SPD das Thema wieder nach vorne.

Garbe selbst nahm dazu im jüngsten Schulausschuss Stellung. Er hatte berechnet, mit welchen Einschulungszahlen eine (mögliche) Gesamtschule rechnen könnte, falls ein entsprechender Antrag bei der Regierungspräsidentin gestellt würde. Zugrundegelegt hatte er einen 100-prozentigen Übergang von der (dann geschlossenen) Ernst-Wiechert-Hauptschule. 15 Prozent kämen von der übriggebliebenen Hauptschule, der heutigen Waldschule. Und bei Söderblom und Birger Forell hatte er etwa eine Übergangsquote von einem Drittel berechnet. Das ergäbe aktuell 117 Schüler, 2011 wären es 109, 2012 98, 2013 122, 2014 dann 92 und 2015 schließlich 113 Mädchen und Jungen. Nicht berücksichtigt wären in diesem Fall allerdings mögliche auswärtige Interessenten aus Lübbecke, Hüllhorst, Hille oder Rahden/Stemwede.

Garbe selbst sieht in seiner Bewertung mehr negative als positive Punkte für die Einrichtung einer Gesamtschule in Espelkamp.

Er geht nicht davon aus, dass von den in kirchlicher Trägerschaft befindlichen Schulen ein Drittel zu einer Gesamtschule wechseln würden. Er hält einen Prozentsatz von fünf Prozent für wahrscheinlicher. Auf der anderen Seite sieht er pädagogische Schwierigkeiten auf die Sekundarstufe II einer Gesamtschule zukommen, die – mangels Schüler – eine zu geringe Differenzierung in den Fächern aufweisen würde.

Gleichzeitig sieht er die einzige noch existierende Hauptschule in Espelkamp auf Dauer gefährdet. „Sie riskieren auf diese Weise die Ablehnung durch Detmold“, sagt Garbe.

Uneinigkeit herrscht in der Espelkamper Politik. Bürgermeister Heinrich Vieker stellt die Gesamtschule als Einrichtung zwar nicht grundsätzlich in Frage, hält sie aber für Espelkamp für nicht notwendig.

Er habe große Zweifel daran, dass so viele außerhalb lebende Eltern ihre Kinder in Espelkamp anmelden würden. Vor allem die Südschiene orientiere sich eher nach Hille, so Vieker. „Das mit den Zahlen halte ich noch für eine große Spekulation“. Der Verwaltungschef befürchtet, dass „Espelkamp dann vielleicht eine Gesamtschul-Außenstelle für Hille wird“.

SPD-Frau Gaby Rotter sieht das vollkommen anders. Die Zahl der in Hille abgelehnten und in Espelkamp wohnenden potenziellen Schüler sei relativ groß. Außerdem, macht sie deutlich, sei dies die letzte Chance für Espelkamp, eine Gesamtschule einzurichten. Sie erinnert daran, dass das „dreigliedrige Schulsystem nicht für jedes Kind optimal ist“.

Waldschulleiter Fritz Sandkröger hatte seine eigene Meinung: „Wir befinden uns in gar keiner problematischen Situation, weil wir ein funktionierendes Schulsystem haben.“ Die Eltern würden ihre Kinder weiterhin am Söderblom oder an der Birger-Forell- Realschule anmelden, ist er sich sicher.

Max Grote (CDU) bezeichnete eine Gesamtschule als „Totgeburt“. Es gebe in Espelkamp funktionierende Strukturen, auf die jeder zurückgreifen könne.

Bernd Selig von den Unabhängigen wünscht sich eine „Ergebnis offene Diskussion“. Man solle nichts „übers Knie brechen“. Nicht erwarten könne man, dass eine Gesamtschule vom ersten Tag an gut laufen würde.

Andreas Sültrup (Grüne) wünscht sich vom Gutachten auch die Einbeziehung der beiden kirchlichen Schulen sowie die pädagogische und auch bauliche Gewichtung der einzelnen Schulen und -gebäude.

Bürgermeister Vieker macht sich Sorgen darüber, dass es ein Bürgerbegehren geben könnte, wie seinerzeit inHamburg. „Und dann machen wir eine Super-Schule wie die Birger-Forell-Realschule kaputt.“

CDU-Fraktionsmitglied Detlef Beckschewe findet nicht, dass eine Gesamtschule zu Espelkamp passt. Sie habe hier keine Zukunft, ob sie nun pädagogisch gut oder schlecht arbeite.

Dem hielt Andreas Sültrup entgegen, dass gerade die Probleme der Übergänge und der Differenzierungen in der Gesamtschule gut gelöst seien. „Es ist wichtig, diese Alternative zur Diskussion zu stellen.“