Die Genossen und die Gesamtschule

Veröffentlicht am 17.12.2011 in Schule und Bildung

MAL SO GESEHEN / VON KARSTEN SCHULZ

Zu späte Erkenntnis

Die Bedenken der Genossen, die Schulentwicklungsplanung würde nur einseitig zu Gunsten der Sekundarschule geführt, sind zwar nachvollziehbar, sie kommen aber zu einem völlig falschen Zeitpunkt. Wo war die Stimme der SPD in den Monaten zuvor? Warum haben sich die Genossen, als sie vernehmen mussten, dass die Sekundarschule die angeblich richtige Lösung für Espelkamp sei, nicht das Ruder an sich gerissen? Sie hätten informieren, beide Schulformen einander gegenüberstellen müssen und damit eine öffentliche Diskussion einleiten können. Stattdessen wurde in der Bildungskonferenz mitgemacht, wohl nicht genügend kritisiert, denn es drang nichts nach außen und dann plötzlich wenige Tage vor der Ratssitzung im Schulausschuss erst die Notbremse gezogen. Das hätte man anders haben können.

Es ist genau das eingetreten, was passieren kann, wenn zu viel im ’stillen Kämmerlein’ verschwindet und schließlich mit einer wohlabgewogenen Meinung zu spät in die öffentliche Diskussion gegangen wird. Einige fühlen sich übergangen oder nicht gut informiert oder haben einfach nicht genügend Raum für Diskussion im Vorfeld erhalten. Entlarvend in diesem Zusammenhang sicherlich die Aussage von FDP-Vertreterin Gisela Vorwerg, die ebenfalls in der Bildungskonferenz saß. Sie berichtete in der Ratssitzung, dass sich viele Teilnehmer – wohl auch die Elternvertreter – kaum oder nur wenig beteiligt hätten. War diese Bildungskonferenz womöglich nur ein Feigenblatt für bestimmte Interessen, die durchgesetzt werden sollten? Niemand kann oder will dies jetzt beantworten. Für die Sozialdemokraten und auch die Grünen sollte diese Art der Willensbildung jedenfalls eine Lehre sein. Der Zug Sekundarschule – jetzt einmal angestoßen – wird wohl nicht mehr aufzuhalten sein. Und warum sollte er auch?

Ein Gutes hatten die schulpolitischen Gefechte im Schulausschuss und anschließend im Rat auf alle Fälle: Es wurde (endlich einmal wieder) kontrovers diskutiert. Unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen standen sich gegenüber. Dabei blieb es in den meisten Fällen sachlich, Polemik blieb im Großen und Ganzen außen vor.

Für insgesamt zwei Stunden verließen die Kommunalpolitiker Espelkamps ihren grundsätzlich eingeschlagenen Konsens-Kurs. Wenn Bürger der Ratssitzung beigewohnt hätten, sie wären über so viel Meinungsvielfalt überrascht gewesen, denn in der Regel sind vorhandene Meinungsverschiedenheiten – sollten sie überhaupt auftreten – bereits im Vorfeld in Arbeitskreisen oder im Ältestenrat ausdiskutiert worden. Ohne jetzt zu bewerten, wer in dieser Auseinandersetzung denn nun Recht hat oder nicht, eins steht fest: Es hat mal wieder Spaß gemacht zuzuhören – auch wenn sich gestritten wurde.