Bürgerbegehren in Planung

Veröffentlicht am 13.11.2012 in Schule und Bildung

Leserbrief zum Thema Schule

WB und NW vom 13.11.2012

Hallo Ina-Seidel, hallo Ostland. Ich bin ganz traurig. Der Stadtrat will beschließen, mir nach 60 Jahren toller Arbeit die Lichter auszumachen. Angeblich bin ich so kurz vor dem Rentenalter nicht mehr tragbar. Bei mir sei der Lack ab und streng riechen soll ich auch. Aber Spezialisten haben festgestellt, dass keine gesundheitliche Gefährdung besteht.
Ja liebe Ostland, ich als Ina-Seidel bin ja mal gerade halb so alt wie du, aber auch mir soll es an den Kragen gehen, dabei habe ich erst vor sechs Jahren angebaut, damit die vielen Kinder den ganzen Tag bei mir bleiben können.


Die Schülerinnen und Schüler sind alle ganz enttäuscht, dass sie in Zukunft in so einen Plattenbau ohne jeglichen Charme mit angeblich viel höherer Lernqualität wechseln sollen. Dies würde ja bedeuten, dass bei dir und mir über all die Jahre nicht so qualitativ hochwertig unterrichtet wurde. Was für ein Schlag ins Gesicht aller Lehrerinnen und Lehrer, die Tag für Tag ihr Bestes geben. Größere und mehr Räume schaffen nicht automatisch eine bessere Lernqualität.

Gott sei Dank haben unsere Kinder tolle Eltern, die alles versuchen, um uns als qualitativ hochwertigen und wohnortnahen Standort zu halten. Denn wenn am 14. November im Rat der Beschluss gefasst wird, dass du und ich zusammengelegt werden, wird von Seiten der Eltern ein Bürgerbegehren ins Rollen gebracht.
 

In den letzten Tagen haben sich ja schon viele Menschen Gedanken über uns gemacht und mit Grauen festgestellt wie man für dumm verkauft und hinters Licht geführt wurde. Anstatt einen schleichenden Prozess einzuleiten, auf den sich die Menschen hätten einstellen können, wurden alle Betroffenen vor vollendete Tatsachen gestellt. Aber die Eltern lassen sich nicht alles gefallen und bitten alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Espelkamp, sie tatkräftig beim bevorstehenden Bürgerbegehren zu unterstützen.

 

Vielleicht waren Sie selber mal Schülerin oder Schüler bei uns und haben sich immer wohlgefühlt. Wir gehören einfach zum Stadtbild von Espelkamp. Wir wünschen uns auch, dass die umliegenden Dörfer mit auf unseren Zug springen, weil gerade sie wissen, wie wichtig der Erhalt der kleinen Dorfschulen ist. Unsere Freundin, die Grundschule Isenstedt, hat es uns vor ein paar Jahren vorgemacht. Denken Sie daran, Sie sind nicht nur Bürger, sondern auch Wähler und Sie dürfen nicht einfach alles so hinnehmen.


Alle Ratsmitglieder haben noch eine Nacht Zeit, um ihre Entscheidung zu überdenken. Wollen Sie wirklich diese ganzen Lügereien mittragen und einem Kind zumuten, eine halbe Stunde im Winter bei Kälte und Regen, mit schwerem Ranzen auf gefährlichen Straßen, zur Schule zu gehen, wo es dann total kaputt ankommt. Wo ist denn das dann noch hohe Lernqualität?
Ich als Ostlandschule möchte nicht Platz für Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser machen. Davon gibt es in Espelkamp schon genug und ich als Ina-Seidel möchte auch nicht leer vor mich hin vegetieren. Wir appellieren an die Verantwortlichen die richtige Entscheidung zu treffen. Denn viele Kinder werden bei einer Zusammenlegung Espelkamp verlassen und bei unseren Kollegen in anderen Gemeinden zur Schule gehen.
 

Mittlerweile fahren ja schon 40 Kinder jeden Tag aus Espelkamp nach Minden, um dort beschult zu werden. Und dies nicht, wie immer nach außen transportiert wird, aus religiösen Gründen, sondern aus schulpolitischen Gründen. Denn es gibt eine Absprache unter den Grundschulleitungen in Espelkamp, dass innerhalb von Espelkamp nicht die Schule gewechselt werden darf.


Fakt ist, dass es gesetzlich geregelt ist, dass man zum Ende eines Schuljahres immer wechseln darf, sofern es die Kapazitäten der Schule zulassen. Aber generell ein Verbot auszusprechen ist schlichtweg nicht rechtsgültig und das sollte sich die treibende Kraft bei dieser Sache mal deutlich vor Augen führen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. 40 Kinder, sprich zwei Schulklassen nehmen täglich den langen Schulweg auf sich. Und es werden noch mehr werden. Wir reden also nicht von niedrigeren Geburtenraten, sondern vom systematischen Vertreiben. Wenn das das Ziel ist, können wir unsere anderen Kollegen Ernst-Moritz-Arndt und Erlengrund auch gleich schließen. Die Aufbau würde sich sicherlich freuen.


Übrigens unsere Freundin, die Ellerburg, ist immer noch dank finanzieller Aufwendungen da, auch wenn sie sich nur noch auf zwei Gehhilfen stützen kann. Auch unser Kumpel - das Rathaus - hat gerade erst wieder eine Schönheitsoperation für 750 000 Euro bekommen, nur damit im Jahr 500 Euro Heizkosten gespart werden. Wie gut hätten wir das Geld gebrauchen können? Also liebe Ostland, wir haben morgen wieder ein volles Programm und wollen unseren Schülerinnen und Schülern wie immer einen Platz der Wärme und Geborgenheit bieten. Grüß mir deine Kinder. Danke Ina-Seidel, das werde ich tun. Das gleiche gilt auch für dich. Sag aber bitte eurem Hausmeister, dass er bei diesem Wetter die Heizung mal etwas höher drehen soll, auch wenn er Order von der Verwaltung hat, dies nicht zu tun. Die Kinder werden es ihm danken.


Zum Schluss noch einen Satz. Wir wissen, dass wir viel Geld kosten und dass da auch ein Auge drauf geworfen werden muss. Aber es geht hier nicht nur um Geld, sondern vor allem um das Wohl unserer Kinder, sprich der Zukunft dieser Stadt. Kein Geld der Welt kann ein Menschenleben aufwiegen.
 

Herzliche Grüße
Ostland und Ina-Seidel

NICOLE UND
JENS DAWURSKE,
AGATHE FALUDI,
IRINA KRÖKER,
LILIA SCHALASCHOW,
LINA WIENS,
SABINE EWERT-SCHMIDT
alle 32339 Espelkamp